Die Lebensumstände der Arbeiterklasse waren im Jahr 1910 unbeschreiblich: Lebenswerter Wohnraum war nahezu unerschwinglich. Auf sich allein gestellt, greifen beherzte Arbeiter, unter ihnen Rudolf Waisenhorn und Franz Mähring, zur Selbsthilfe.
Die „Gemeinnützige Bau und Wohnungsgenossenschaft für Liesing und Umgebung“ nimmt ihre Tätigkeit 1910 auf und errichtet 1911/1912 jene sechs Arbeiterwohnhäuser, die heute die Konzernzentrale der „Wien-Süd“ repräsentieren. Ein Jahr später, 1911, wird die „Genossenschaft der K.u.K. Hof- und Staatsdruckerei in Wien“ gegründet. Sie errichtet in den Jahren 1912/1913 102 Arbeiterwohnungen.
Im Gegensatz zu dem, was der Arbeiterklasse, etwa in den Wiener Zinsburgen durch die „Hausherren“ zugestanden wird, kann der Standard, der den Bewohnerinnen und Bewohnern durch diese beiden genossenschaftlich organisierten Projekte geboten wird, als immens innovativ bezeichnet werden: Sie bestehen aus Wohn- und Schlafraum, Kochnische, Bad und sie haben kleine Hausgärten. Für beide Projekte kann der Stararchitekt des „Roten Wien“, Hubert Gessner, gewonnen werden. Bereits damals war der Leitgedanke hinter dieser Wohnbautätigkeit der Grundsatz zukunftsorientierten und sozial verträglichem Planens, Bauens und Verwaltens.
Die soziale Situation in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg ist mehr als trist. Dennoch können von den beiden Genossenschaften zwischen 1930 und 1932 zwei weitere Bauvorhaben realisiert werden. Ab 1933 ruhen alle weiteren Vorhaben, da sie unter den damaligen Machthabern nicht umsetzbar sind. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird von Seiten der beiden Genossenschaften auch die Aufnahme neuer Mitglieder gänzlich eingestellt – ein klares Zeichen des Widerstandes. Alle sozialdemokratisch gesinnten Funktionäre werden von den Faschisten sukzessive ihres Amtes enthoben.
1941 werden die „Liesing und Umgebung“ und die „Staatsdruckerei“ auf nationalsozialistischen Druck zur „Wien-Süd“ zwangsfusioniert.
1948 konstituiert sich die „Wien-Süd“ neu. Sie stellt sich nunmehr in den Dienst des Wiederaufbaus und bleibt weiterhin dem sozialen Wohnbau zutiefst verbunden. Zunächst nur verwaltend tätig, wird die Bautätigkeit ab 1950 wieder aufgenommen: Es entstehen zunächst erste, kleinere Anlagen. Ende der 1950er Jahre wird das erste Großprojekt, die Anlage „Hochstraße“, in Angriff genommen und umgesetzt. Sie wird ein immenser Erfolg, nicht nur wegen der – für damalige Verhältnisse – ausgedehnten Grünraumgestaltung, auch die hohe Wohnzufriedenheit bis heute beweist das.
Seit Beginn der 1960er Jahre wird dieser Erfolgsweg fortgesetzt: Die „Wien-Süd“ errichtet zahlreiche Wohnhausanlagen, die trotz der damals geforderten „einfachen Architektur“ und des dennoch gebotenen Lebensstandards auch für die „bescheideneren Gehälter“ Maßstäbe im sozialen Wohnbau setzt.
Mit der Übernahme der Obmannschaft durch Dr. Maximilian Weikhart wird auch ein starkes Zeichen an die Gemeinden im Umland Wiens gesetzt: In den 1970er Jahren entstehen erste Großprojekte, etwa in Schwechat und Wiener Neustadt. Dort kann die „Wien-Süd“ mit der Errichtung sozial erschwinglichen Wohnraums für sozialen Ausgleich sorgen.
Durch die Kooperation mit neuen, innovativen Ansätzen auf dem Gebiet der Architektur in den 1980er Jahren setzt die „Wien-Süd“ weiterhin Maßstäbe im Bereich des sozialen Wohnbaus: Als erstes Projekt setzt der weltbekannte Architekt Dr. Harry Glück (†) für die „Wien-Süd“ das Projekt „Verdi-Siedlung“ um – Schwimmbad im Zentrum der Anlage inbegriffen. Wogegen die Anrainer damals noch Sturm liefen, gilt es bis heute als ein sehr begehrtes Objekt, in dem die Wohnzufriedenheit schwer zu überbieten ist.
1988 wird die „Gewog Arthur Krupp“ von der „Wien-Süd“ in den Unternehmensverband aufgenommen. Sie betreut heute nicht nur rund 4.000 Bestandswohnungen, die für soziale Umsichtigkeit stehen, die „Gewog Arthur Krupp“ steht auch als Bauträger neuer Projekte in Niederösterreich hoch im Kurs. Gemeinsam mit der „Gewog Arthur Krupp“ gewinnt die nunmehr zum Konzern angewachsene „Wien-Süd“ bis jetzt stetig Preise auf dem Gebiet nachhaltigen und ökologischen Bauens.
Mit der letzten Jahrhundertwende setzt eine neue Ära ein. Sozialer Wohnbau inkludiert natürlich ökologische Gegebenheiten: Innerhalb einer globalisierten Gesellschaft, die denkt, Ressourcen ohne Ende verbrauchen zu können, hat die „Wien-Süd“ bereits ab Mitte der 1990er Jahre ihre Bautätigkeit darauf abgestellt, ihre Projekte sozial und umweltbewusst zu gestalten und in dieser Hinsicht neue Akzente gesetzt.
Die heute mit den Architekten entwickelten Projekte beinhalten neben anderen Assets, etwa die raffinierte Gestaltung von Dachterrassen als Ort der sozialen Begegnung oder die Neuetablierung von „Kunst und Kultur am Bau“ als Gestaltungs- und Identifikationsmerkmal der jeweiligen Anlage. Nicht zuletzt bietet der von der „Wien-Süd“ konzipierte „digitale Hausmeister“ den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern die Möglichkeit, sich sowohl mit der unmittelbaren Nachbarschaft als auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auszutauschen und zu vernetzen. Durch diese Kombination, neue Formen der Wohnkultur in den sozialen Wohnbau zu tragen, ist die „Wien-Süd“ auch in den fast 110 Jahren ihres Bestehens die innovativste Genossenschaft im Bereich des sozialen Wohnbaus. – Und sie gedenkt es auch die nächsten 110 Jahre zu bleiben.